Borderline Diagnose und Diagnostik

"Psychopathen sind unbehandelbar", lautete der frühere Seufzer, den man zwar nicht offiziell zu hören bekam, der aber oft unausgesprochen im Raum stand. Heute dominiert die therapeutische Resignation weniger. Allerdings unterschied man bei der Diagnostik schon früher zwischen einer "negativen konstitutionellen Anlage" (biologische Grundlage), was einen Behandlungserfolg zumindest zu erschweren schien und so genannten neurosen-psychologischen Ansätzen, bei denen man zwar eine Erb-Basis zugestand, dann aber den Kern des Problems in den Auseinandersetzungen sah, die sich zwischen der gestörten Persönlichkeit und ihrer Umwelt entzündeten (Stichworte: biographische Entwicklung und kindliche Traumatisierung).

Solche Persönlichkeitsstörungen wurden dann als so genannte Symptom-Neurosen oder Charakter-Neurosen meist psychoanalytisch behandelt. Und wenn sie sich dann als therapie-resistent (also behandlungs-erfolglos) erwiesen, sprach man eher und wohl auch ein wenig abschätzig von Kern-Neurosen oder Soziopathie.

Inzwischen sieht man das alles etwas anders, durchaus positiver. Vor allem setzt man neben der Psychotherapie, also die Behandlung mit seelischen Mitteln, auch auf Medikamente.

Zuerst geht es aber um die Diagnose im Einzelnen und die konkrete Differenzierung im speziellen, d.h. um welche Unterform der Persönlichkeitsstörung es sich handelt.

Wichtig ist auch eine Fremd-Anamnese, d. h. die gezielte Befragung von Angehörigen oder nahen Bezugspersonen, um Ursache und Bedeutung der sozialen Konflikte besser einzuordnen.

Bei der eigentlichen Untersuchung wird insbesondere auf vorübergehende Verstimmungen, d. h. nicht nur Deprimiertheit, sondern auch auf selbst- und fremd-belastende Aspekte wie missmutig, "schlecht gelaunt", mürrisch, missgünstig, aufbrausend, aggressiv, versteckt oder offen feindselig u.a. eingegangen. Abgefragt werden auch Angst-, bzw. Panik-Reaktionen und psychosenahe Phänomene mit vorübergehender Störung der Realitäts-Kontrolle und entsprechenden "zwischenmenschlichen Entgleisungen".

Den Abschluss bildet eine neurologische, ggf. auch internistische Zusatzuntersuchung um beispielsweise frühkindliche Hirnschädigung, Vergiftungen durch Alkohol-, Nikotin- oder Rauschdrogen-Missbrauch, Herz-Kreislauf-Schäden usw. auszuschliessen.

Denn es gibt auch körperlich bedingte Persönlichkeitsveränderungen, die man erst sinnvoll nicht psychotherapeutisch oder durch Psychopharmaka angehen kann, wenn organische Ursachen behoben wurden.

Weiterführende Informationen: