Depressionen

Die moderne Medizin geht heute davon aus, dass es eine Reihe von Ursachen für die Entstehung von Depressionen gibt. Erbliche (genetische) Veranlagungen Kinder eines bereits depressiv erkrankten Elternteils können mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von dieser Erkrankung betroffen sein als Nachkommen von Eltern, die nie unter einer Depression litten.

 

Neurobiologische Ursachen
Bei Depressionen liegt ein Ungleichgewicht oder eine gestörte Konzentration von bestimmten Botenstoffen im Gehirn, den so genannten Neurotransmittern, vor.

Diese Substanzen sind für die Informationsübertragung zwischen den einzelnen Nervenzellen zuständig. Ein Missverhältnis dieser Botenstoffe kann nicht nur Ursache der Depression, sondern auch Grund für andere Erkrankungen sein. Es stehen heute eine Reihe von Medikamenten zur Verfügung, die diese Botenstoffe wieder in eine Balance bringen und sich bei der Behandlung der Depression als besonders wirksam erwiesen haben.

Traumatische Faktoren

Ein weiterer Erklärungsansatz für das Auftreten von Depressionen geht davon aus, dass schmerzliche Erfahrungen, die ein Mensch lebenslang macht, entsprechend „abgespeichert“ werden. Zu einem späteren Zeitpunkt kann die gespeicherte Erfahrung durch ähnliche Situationen aus dem Unterbewusstsein abgerufen werden und eine depressive Störung auslösen. Hierzu zählen beispielsweise Verlustängste gegenüber der Mutter, die dann später z.B. in einer Konfliktsituation mit dem Ehepartner wieder hervortreten. Ebenso kann durch zwischenmenschliche Kränkungen in Partner- oder Freundschaft, durch Verlust des Arbeitsplatzes oder den Tod eines nahen Angehörigen eine Depression ausgelöst werden.

Sonstige Faktoren

Es gibt zahlreiche Erkrankungen wie z.B. Schilddrüsenerkrankungen, in deren Folge auch Depressionen ausgelöst werden können. In diesen Fällen wird der behandelnde Arzt bemüht sein, zunächst die Haupterkrankung wirkungsvoll zu therapieren. Häufig genügt die Therapie der ursächlichen Erkrankung, um danach die Depression erfolgreich behandeln zu können.

Darüber hinaus können auch einige Arzneimittel, die zur Behandlung von bereits bestehenden organischen Erkrankungen angewendet wurden, als Nebenwirkung Depressionen auslösen. Deshalb sollte jeder Patient bereits beim ersten Gespräch mit dem Arzt alle zur Zeit eingenommenen Medikamente benennen. Eine Arzneimittelumstellung auf ein anderes Präparat kann in bestimmten Fällen bereits die Depressionssymptomatik zum Abklingen bringen.

Symptome

Die Depression ist eine Erkrankung, die sich sehr vielgestaltig äußern kann, entsprechend groß ist die Anzahl der Beschwerden. Sie läßt sich nicht so einfach bestimmen, wie etwa z.B. ein hoher Blutdruck gemessen werden kann. Bei der Depression unterscheidet man sog.Hauptsymptome, Zusatzsymptome und weitere charakteristische Symptome unterschieden.

Haupsymptome Verlust von Interesse und Freude:

Es handelt sich hierbei um die stark verminderte oder sogar völlig erloschene Fähigkeit, sich an wichtigen Dingen des Alltags zu freuen bzw. daran teilzunehmen. Dieses kann sich auf das gesamte soziale Umfeld, also Familie, Freundeskreis oder den Beruf erstrecken, aber auch das Interesse an Hobbies, Sport oder sexuellen Aktivitäten betreffen.

Depressive Stimmung:

Die depressive Stimmung läßt sich am besten mit den Worten "innere Leere" umschreiben. Es stellen sich Situationen ein, in denen das Gefühl der Verzweiflung quasi aus heiterem Himmel – also aus Sicht eines Außenstehenden objektiv grundlos – vorherrschen.

Verminderung des Antriebs:

Unter Antrieb wird die Kraft verstanden, die uns ein zielgerichtetes Verhalten erlaubt, also die Energie für unser tägliches Leben. Ist der Antrieb vermindert, stellt sich das Gefühl der Energielosigkeit ein. Die Motivation zur Durchführung selbst einfacher Alltagsaktivitäten Führen des Haushalts, Kochen oder gar Essen bis hin zur Körperpflege ist abhanden gekommen – die Antriebslosigkeit wirkt wie eine tonnenschwere Last, die jede Bewegung ausbremst.

Zusatzsymptome

Konzentrationsstörungen:

Häufig fällt es schwer, mit den Gedanken bei einer Tätigkeit oder einer Aufgabe zu bleiben. Das Gedächtnis ist manchmal wie das sprichwörtliche "Sieb" und die Aufmerksamkeit gegenüber der Umwelt häufig eingeschränkt.

Mangelndes Selbstwertgefühl, -vertrauen:

Ein depressiv erkrankter Mensch erlebt nicht nur seine Umgebung dunkel und grau, er sieht sich häufig auch selbst durch die negative Brille. Er empfindet sich als wertlos und oft als Belastung für sein Umfeld. Auch vergangene Leistungen oder Fähigkeiten werden als sinn- oder nutzlos abgewertet.

Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit:

Einhergehend mit mangelnden Selbstwertgefühlen neigen depressive Menschen dazu, sich Fehler und Versäumnisse vorzuwerfen – und sich dafür im Sinne eines Schuldigen verantwortlich zu fühlen. Depressive Denkinhalte umfassen oft Themen, wie z.B. Schuld, Sünde, Schmutz, Armut und können sich manchmal bis hin zum Wahn steigern: die Angst um das Seelenheil oder den Besitz sowie die Neigung des depressiv Erkrankten, sich in seiner Nutz- und Wertlosigkeit selbst die Schuld dafür zu geben.

Pessimistische Zukunftsperspektive:

Entsprechend der negativen Selbst- und Weltsicht, die der depressive Mensch hat, sieht er auch seine Zukunft als hoffnungs- und aussichtslos. Jeder neue Tag wird als weitere Belastung erlebt, dazu können sich Ängste vor allem und jedem gesellen.

Lebensüberdruß, Selbsttötung:

Wenn die quälenden Gedanken der Sinnlosigkeit und der inneren Leere einen immer größer werdenden Raum einnehmen, kann sich das Gefühl des Lebensüberdrusses ausbreiten. Oft erscheint der eigene Tod als einziger Weg aus dem Tal der dunklen Gefühle. An die Gleichgültigkeit des eigenen Lebens/Seins können sich konkrete Gedanken zur Durchführung einer Selbsttötung anschließen und werden als Erlösung von der Qual angesehen. Von den ersten Gedanken an den Freitod bis zum Selbsttötungsversuch können in Einzelfällen nur wenige Stunden vergehen, häufiger jedoch kreisen diese Gedanken wochen- bis monatelang im Kopf eines depressiven Menschen.

Bei ersten Hinweisen einer Selbsttötungsabsicht muß sofort ein Arzt oder eine Klinik aufgesucht werden!

Schlafstörungen:

Zu den ersten und häufigsten Symptomen einer Depression gehören Nichtein- oder -durchschlafen können. Morgendliches Früherwachen zwischen 3 und 5 Uhr und vor lauter Gedankenkreisen und Grübeln nicht mehr einschlafen zu können, ist typisch. Nach dem morgendlichen Aufstehen liegt nicht eine erholsamen Nacht hinter dem Depressiven, sondern er fühlt sich schlapp, kraftlos, fahrig und erschöpft. Trotz einer enormen Müdigkeit am Abend, kann sich diese Ein- und Durchschlafstörungen sowie frühmorgendliches Erwachen mit quälenden Grübeleien Nacht für Nacht wiederholen.

Appetitverminderung:

Gewichtsverluste treten relativ häufig bei depressiven Patienten auf und sind das Resultat aus mangelndem Appetit. Das Essen schmeckt einfach nicht mehr und der Depressive muß sich regelrecht zum Essen zwingen.

Weitere charakteristische Symptome

Libidoverlust:

Ein nachlassendes Interesse an Sexualität und eine Beeinträchtigung der sexuellen Funktionen belasten viele depressive Menschen zusätzlich und verstärken ihr mangelndes Selbstwertgefühl. Zu den sexuellen Beeinträchtigungen gehören der Mangel, überhaupt noch Lust zu empfinden, aber auch Erektionsstörungen oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.

Grübeln, Entscheidungsunfähigkeit:

Langes Hin- und Herüberlegen auch bei alltäglichen Prozessen, Gedankenkreisen um immer ein und dieselbe Sache, können eine Depression kennzeichnen. Entscheidungen, die ein Gesunder mit einem klaren ja oder nein beantwortet, können vom Erkrankten nicht getroffen werden: "Gehe ich heute spazieren?" kann endlos lange im Kopf eines Depressiven diskutiert werden, ohne daß er zu einem Ergebnis kommt.

Gefühl der Gefühllosigkeit:

Antriebslos, freudlos, hoffnungslos, kraftlos, mutlos – anders ausgedrückt: gefühllos. Dies empfinden viele depressive Menschen. Schöne Gefühle wie Freude, Heiterkeit, Zuversicht, aber auch Traurigkeit, Verlust weichen einem Zustand von innerer Erstarrung, einem Abgestumpftsein oder dem Gefühl von Leere.

Unruhe und Getriebenheit:

Depressionen können sich nicht nur im Sinne einer "Hemmung" äußern. Im gegenteiligen Fall sind die Patienten von quälender Unruhe getrieben, sind schreckhaft und übererregt. Das Gefühl der inneren Unruhe läßt sich manchen Menschen wie ein Dampfkochtopf fühlen, der kurz vorm Platzen steht.

Körperliche Symptome:

Oft versteckt sich eine Depression hinter einer Vielzahl von körperlichen Symptomen und entsprechend schwierig gestaltet sich die Diagnose. Spannungs- und Druckgefühle oder Schmerzen im Kopf oder der Herzgegend, Nacken- und Rückenschmerzen, Probleme im Magen-Darmtrakt mit Erbrechen, Verstopfung oder Durchfall, Atemstörungen, Schluckstörungen, Menstruationsprobleme – es gibt eigentlich kaum ein Organsystem, durch das sich eine Depression nicht ausdrücken kann.

Die Abklärung dieser körperlichen Beschwerden bleibt objektiv meist ohne Befund, die subjektiv empfundenen Störungen oder Schmerzen sind für den Betroffenen jedoch sehr real.

Schweregrad

Je nach Anzahl der vorhandenen Symptome kann die Depression in verschiedene Schweregrade eingeteilt werden. Hiernach richtet sich dann auch der therapeutische Behandlungsansatz.Die körperlichen Symptome können unabhängig von den Haupt- und Zusatzsymptomen bei allen Schweregraden auftreten. Eine depressive Episode – ebenfalls unabhängig vom Schweregrad – kann einmalig auftreten oder sich in unterschiedlichen Zeitabständen wiederholen. Im letzteren Fall wird die Krankheit als "rezidivierende depressive Episode" bezeichnet.

Leichte depressive Episode

Über einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen treten 2 Hauptsymptome plus 2 Zusatzsymptome auf.

Mittelschwere depressive Episode

Über einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen treten 2 Hauptsymptome plus 3-4 Zusatzsymptome auf.

Schwere depressive Episode

Über einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen treten alle 3 Hauptsymptome plus mindestens 4 Zusatzsymptome auf.

Quelle