Manie

Die Manie ist eine affektive Störung (Affekt = Gemütszustand) mit gehobener Stimmung, Antriebssteigerung, Denkstörungen sowie evtl. Wahn. Die Manie tritt nur selten isoliert auf. In den meisten Fällen bildet sie den Gegenpol zur Depression. Bei sogenannten bipolaren affektiven Störungen oder auch manisch-depressiven Erkrankungen wechseln sich manische Phasen mit depressiven Perioden unterschiedlicher Dauer ab.

 

Manische Phasen können wenige Tage, aber im Extremfall sogar auch mehrere Jahre anhalten. Leichte Formen der Manie werden als Hypomanie bezeichnet.

Symptome

Manie zeigt sich als grundlos heitere, gehobene Stimmung mit einer extrem optimistischen Einstellung, die längere Zeit andauert. Durch die permanent unangemessen gute Stimmung verliert der Betroffene den Sinn für die Wirklichkeit. Er überschätzt sich selbst und beurteilt entsprechende Situationen falsch. Die eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten werden überschätzt. Die Betroffenen fühlen sich ausgesprochen wohl, sie beschreiben ihren Zustand als großartig, beglückend, euphorisch. Manche Maniker sind aber auch gereizt und aggressiv, insbesondere wenn ihre Umgebung sich ihren Ideen widersetzt.

Typisch für Maniker ist der Größenwahn (Als Wahn bezeichnet man eine fehlerhafte Beurteilung der Realität, die nicht durch Logik und Erfahrung korregiert werden kann.). Die Betroffenen fühlen sich allem überlegen, allmächtig und überschätzen ihre Möglichkeiten grenzenlos. Beispielsweise kann ein manischer Patient der felsenfesten Überzeugung sein, durch seine Spenden die Armut auf der Welt beseitigt zu haben und will dies mit allen Mitpatienten feiern.

Eine typische Denkstörung des Manikers ist die Ideenflucht. Die Betroffenen denken schneller, aber auch flüchtiger als sonst und hüpfen von Einfall zu Einfall. Durch äußere Eindrücke werden sie sofort abgelenkt, sie können sich nicht mehr konzentrieren. Viele Aktivitäten werden gleichzeitig begonnen, aber nichts wird wirklich zu Ende geführt.

Die gesteigerte seelische und körperliche Erregtheit bei manischen Patienten kann sich unter anderem in einer gesteigerten Psychomotorik ausdrücken. Die Psychomotorik ist der sichtbare Ausdruck innerer Stimmungen und Zustände durch äußerlich erkennbare Mimik, Gestik und Haltung. Manische Patienten eilen von einer Beschäftigung zur nächsten, meistens, ohne zu einem Ergebnis zu kommen und entwickeln dabei große Energien. In schweren Fällen sind die Patienten so erregt, dass sie toben und Gegenstände zerstören.

Die Kombination aus gehobener Stimmung, Größenideen und Antriebssteigerung führt insgesamt dazu, dass der Kranke den Bezug zur Realität verliert. Unüberlegte Handlungen wie maßlose Einkäufe, Übernahme unerfüllbarer Verpflichtungen und spontane, unsinnige Geschäftsgründungen führen häufig zu Verschuldung.

Maniker sind sehr kontaktfreudig, aber sie können im Rahmen einer aktuellen Erkrankung keine tiefergehenden Freundschaften oder Bindungen eingehen bzw. pflegen. Manische Patienten leben in einer irrealen Welt, die kein "Du" oder "Wir" kennt, sondern nur "Ich".

Das insgesamt maßlose Verhalten von manischen Patienten gefährdet sowohl den Patienten selbst, als auch seine Angehörigen.

Die fehlende Realitätseinschätzung kann auch zu akuter Selbstgefährdung führen, z.B. durch "grenzenloses" Verhalten beim Autofahren oder wenn ein Patient überzeugt ist, er müsse als Jesus Christus die Welt durch seinen Opfertod erlösen. Kurzzeitig (Minuten bis Stunden) kann die Stimmung des Patienten auch ins Negative umschlagen, was bis zu Selbstmordgedanken führt.

Trotz der Überaktivität kommt es oft als körperliches Symptom zu einer Verkürzung der Schlafdauer, was die Patienten aber nicht stört, sie fühlen sich ausgeruht.

Das Bedürfnis nach Sexualität kann ebenfalls gesteigert sein. Es kann zu sexuellen Exzessen kommen.

Einteilung

Es werden in der Literatur zahlreiche Formen der Manie je nach der Ausprägung der unten beschriebenen Symptomatik unterschieden. Hier die wichtigsten Bezeichnungen:

Von seniler Manie spricht man bei erstmals im Alter auftretenden Symptomen, die Krankheitsphasen sind oft sehr lang, es kommt häufig zu chronischen Verläufen.

Der Übergang von einem unauffälligen, durchschnittlichen Gemütszustand zur Hypomanie ist fließend und daher schwer abzugrenzen. Die Betroffenen erleben sich in einer besonders glücklichen, erfolgreichen und enegiegeladenen Lebensphase. Meist können nur vertraute Personen den Unterschied zur normalen Persönlichkeit des Patienten unterscheiden.

Ursachen

Die Ursachen manischer Syndrome sind noch weitgehend unbekannt, ähnlich wie bei den psychischen Erkrankungen, in deren Rahmen sie auftreten, z.B. Depression oder Schizophrenie. Die Erkrankung tritt jedoch familiär gehäuft auf, was für eine erbliche Komponente spricht.
Auslösung

Das Störungsbild der Manie kann ohne erkennbare äußere Auslöser auftreten, aber z.B. auch nach Vergiftungen, nach Drogenkonsum (vor allem Kokain) oder Drogenentzug.

Eine sogenannte reaktive Manie kann durch ein aufwühlendes Erlebnis wie Freunde, Schreck oder Angst ausgelöst werden.

Dignose

Die Manie wird anhand der Symptome diagnostiziert. Von diesen Symptomen müssen mindestens drei wenigstens eine Woche vorhanden sein. Eine hypomanische Episode besteht bereits, wenn über vier Tage anhaltend eine abnorm gehobene Stimmung vorliegt.

Behandlung

Obwohl manische Patienten sich subjektiv bestens fühlen, müssen sie behandelt werden, um Schaden von ihnen und ihrer Umgebung abzuwenden. Die Patienten wehren eine Behandlung oft ab, besonders im akuten Stadium reagieren sie feindselig und gereizt, es kann zu verbalen und tätlichen Auseinandersetzungen kommen. Der Umgang muss sehr behutsam erfolgen.

Günstig ist es, den Patienten nicht zu vielen anregenden Kontakten auszusetzen, um seinen Aktionismus nicht zu unterstützen. Phasenweise Ruhe und Alleinsein tut den meisten Patienten gut. Günstig ist auch sportliche oder künstlerisch-kreative Betätigung, sofern dabei keine intensive Auseinandersetzung mit anderen Personen verbunden ist. Ein geregelter Tagesablauf wirkt sich ebenfalls positiv aus. Es ist wichtig, dass der Patient sich nicht fremdbestimmt fühlt, sondern eine freiwillige, vertauensvolle therapeutische Beziehung aufgebaut wird.

Psychotherapeutische Behandlung

Aufgrund der mangelnden Krankheitseinsicht ist eine Psychotherapie während der akuten Erkrankung meist nicht möglich. Aber es ist sehr wichtig, dass im Anschluss eine Psychotherapie stattfindet. Auch wenn manche Betoffenen erst nach mehreren manischen Phasen und der Erinnerung an dadurch entstandene Probleme, wie Verschuldung oder Beziehungskrisen, oder auch in Zusammenhang mit den oft anschließenden depressiven Episoden die Notwendigkeit einer Behandlung erkennen können.

Pharmakotherapie

Die medikamentöse Therapie stützt sich in erster Linie auf die Gabe von Lithium als Mittel der ersten Wahl bei akuter Manie und auch Hypomanie. Um eine gute Wirkung zu erreichen, müssen bei der Manie relativ hohe Spiegel des Medikamentes erreicht werden. Um die Dosis optimal einzustellen und zu halten, sind häufige Spiegelkontrollen (Blutentnahme) notwendig. So werden Überdosierung oder Vergiftungen vermieden.

Da Lithium erst nach ca. einer Woche seine Wirkung zeigt, werden Manien im akuten Stadium zunächst häufig mit Neuroleptika behandelt. Hier muss die Dosierung vorsichtig erfolgen, um unerwünschte Wirkungen zu vermeiden, die von manischen Patienten als besonders unangenehm empfunden werden.

Da ausreichender Schlaf von mindestens 6 bis 7 Stunden einen guten antimanischen Effekt hat, bietet es sich an, die Patienten dabei mit eher beruhigend wirkenden Neuroleptika (z.B. Levomepromazin) oder Benzodiazepinen zu unterstützen.

Alternativ oder in Kombination mit Lithium werden auch Antiepileptika wie Carbamazepin oder Valproinsäure eingesetzt. Je nach Verträglichkeit und Therapieerfolg können diese beiden Substanzen auch gut mit der Gabe von Neuroleptika kombiniert werden.

Zur Vorbeugung von weiteren Phasen werden ebenfalls Lithium und Carbamazepin eingesetzt.

Verlauf und Prognose

Eine Prognose über die Dauer der manischen Phase ist nicht möglich, sie ist erheblich von einer konsequenten Therapie abhängig. Die manischen Phasen insgesamt dauern in der Regel einige Tage bis Wochen, selten auch Jahre. Meist heilt die Manie vollständig aus. In seltenen Fällen kann es zu einer chronischen, nicht mehr heilenden Manie kommen. Lange Phasendauer und Neigung zur Chronifizierung sind typisch für die senile Manie.

Informationen für Bezugspersonen

Wie bereits beschrieben, verhält sich der Maniker grenzenlos und maßlos in seiner Lebensplanung, in seinen Aktivitäten und auch in zwischenmenschlichen Beziehungen. Es ist schwierig, ihn im Guten auf Grenzen hinzuweisen, da er sich selbst nicht als krank empfindet, und darauf leicht aggressiv reagiert.

Es gilt also, dem Betroffenen behutsam die Grenzen anderer Menschen nahezubringen, zu versuchen, einen klaren Rahmen und Regeln für den Umgang miteinander zu finden, manische Patienten in ihrer ansteckenden Heiterkeit nicht zu bestärken und im Umgang mit ihnen ruhig zu bleiben. Bezugspersonen dürfen auf keinen Fall auf ihre übersteigerte Selbsteinschätzung und ihre Wahnideen, also realitätsfernen Vorstellungen eingehen. Durch anzügliche Bemerkungen und derbe Witzeleien oder sexuelle Anzüglichkeiten sollten Sie sich nicht gekränkt fühlen - diese sind krankheitsbedingt. Manisch Kranke verstossen auch gegen Normen, die ihnen sonst sehr bedeutend sind.

Die Mehrzahl der akuten Manien müssen stationär behandelt werden. Insbesondere wenn die Betroffenen keinerlei Krankheits- oder Behandlungseinsicht haben, ist eine Einweisung ins Krankenhaus nach dem Betreuungs- und Unterbringungsgesetz häufig nicht zu umgehen.

Wichtig ist auch der Schutz des Betroffenen und seiner Angehörigen vor unsinnigen Geldausgaben. Telefonate sollten beschränkt oder kontrolliert werden, damit sich die Patienten weder durch hohe Telefongebühren noch durch telefonische Bestellungen ruinieren. Maniker sind zeitweilig geschäftsunfähig. Es muss jedoch gut dokumentiert sein, z.B. im Krankenblatt, dass er unter dieser Störung leidet. So hat der Betroffene gute Chancen, in der Manie abgeschlossene unsinnige Geschäfte vor Gericht rückgängig zu machen.

Nach der Akutphase leiden die Patienten häufig unter Schuldgefühlen, bei deren Bewältigung man durch Krankheitsaufklärung und Verständnis helfen kann. Jetzt ist evtl. auch eine unterstüzende Psychotherapie möglich.

Quelle